Was ist Diabetes
Diabetes ist eine chronische (dauerhafte) Störung des Zuckerstoffwechsels aufgrund vielfältiger Ursachen, mit unterschiedlichen Ausprägungen („Typen“) und unterschiedlichen Risiken. Hier soll dazu ein Überblick gegeben werden, welcher dies verständlich machen soll und als Einstieg in eine vertiefte Beschäftigung dienen kann, beispielsweise im Rahmen einer strukturierten Schulung.
Ärzte im alten Griechenland prägten den Begriff „Diabetes mellitus“, den man mit „honigsüßes Hindurchfließen“ übersetzen kann, für diese ihnen rätselhafte Krankheit. Sie beschrieben damit die körperlichen Erscheinungen, welche Menschen bei einer Entgleisung ihrer Zuckerkrankheit beobachten, nämlich starken Durst, Gewichtsabnahme und große Mengen von Zucker enthaltenden Urin.
Heute wissen wir viel mehr über den Diabetes und können ihn inzwischen auch so gut behandeln, dass betroffene Menschen ein nahezu normales Leben führen können, sofern sie die Behandlung richtig und engagiert selbst in die Hand nehmen.
Wir wissen auch, dass es sich bei der Zuckerkrankheit nicht um eine einheitliche Erkrankung handelt. Sie tritt vielmehr in verschiedenen Formen und Ausprägungen auf. Wir unterscheiden derzeit nach einer internationalen Klassifikation einen (selteneren) Typ-1-Diabetes von einem (häufigeren) Typ-2-Diabetes. Daneben gibt es noch besondere Diabetesformen („andere spezifische Diabetesformen“) und den Schwangerschaftsdiabetes, der definitionsgemäß nur in der Schwangerschaft auftritt. Gemeinsam ist ihnen eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Dieser bewegt sich normalerweise in einem Bereich zwischen 80 und 130 mg/dl, nüchtern zwischen 60 und 110 mg/dl.
Diese einfache Einteilung der vielen unterschiedlichen Diabetesformen stammt von der WHO und wurde von ihr zuletzt 1997 festgelegt. In letzter Zeit beschäftigen sich Wissenschaftler intensiv mit der Frage, ob diese Einteilung angesichts einer großen Vielfalt von Diabetes-Erscheinungsformen nicht zu einfach ist. In diesem Zusammenhang wird Diabetes bei Erwachsenen noch weiter unterschieden je nach vorhandener Insulinproduktion, Insulinresistenz, Verlauf und Prognose. Dies hat dann auch Konsequenzen für die Behandlung. Noch aber ist diese neue Einteilung nicht allgemein eingeführt.
Literatur
- Zaharia O.P. et al.
Risk of diabetes-associated diseases in subgroups of patients with recent-onset of diabetes.
A 5-year follow-up study.
The Lancet Diabetes&Endocrinology.
DOI: https://doi.org/10.1016/S2213-8587(19)30187-1 - https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Fuenf-neue-Subtypen-von-Typ-2-Diabetes-85855.html
Diabetes ist häufig. In Deutschland rechnen wir momentan mit ca. 8,7 Millionen Betroffenen und vielen, bei denen die Diagnose noch nicht gestellt ist („Dunkelziffer“). Besonders mit höherem Alter steigt das Diabetesrisiko. Und Diabeteserkrankungen nehmen leider insgesamt zu, sowohl bei jungen Menschen wie bei älteren. Und weil mit der Diabetesdiagnose immer ein persönliches Schicksal verbunden ist, müssen wir alles daransetzen, um ungünstige Folgen zu vermeiden.
Die Bauchspeicheldrüse hat wichtige Aufgaben für unsere Ernährung. Sie produziert täglich etwa 1 Liter Bauchspeichel, eine Flüssigkeit, welche Verdauungsenzyme in konzentrierter Form enthält. Dieser Bauchspeichel wird in den Zwölffingerdarm abgegeben und bewirkt dort, dass unsere Nahrung in ihre Bausteine aufgeschlossen wird. Daneben erzeugt die Bauchspeicheldrüse in bestimmten inselartigen Bereichen (den so genannten Langerhans´schen Inseln) aber auch Hormone. Hormone sind Steuerstoffe, welche (z.B. in die Blutbahn) abgegeben werden, um an anderen Stellen des Körpers gezielt ihre Wirkung zu entfalten. Das wichtigste Hormon der Bauchspeicheldrüse ist das Insulin. Die Bauchspeicheldrüse kann ständig den aktuellen Blutzuckerwert messen und bemerkt dadurch sofort jeden Anstieg, z.B. nach dem Essen. Sie schüttet dann sofort Insulin in die Blutbahn aus. Das Insulin öffnet den Zugang des Zuckers zu bestimmten Körperzellen. Wenn nun der Blutzuckerspiegel wieder abfällt, bemerkt das die Bauchspeicheldrüse ebenfalls und drosselt die Insulinausschüttung. So bewirkt sie, dass sich der Blutzuckerspiegel immer in dem engen Bereich von 60-140 mg/dl bewegt.
Insulinwirkung
Bestimmte aus Zuckern aufgebaute Nahrungsbestandteile werden bei der Verdauung in Zucker zerlegt. Wir nennen sie Kohlenhydrate. Der freigesetzte Zucker wird durch die Darmwand ins Blut aufgenommen. Daneben kann unser Körper auch, zum Beispiel in der Leber, Zucker aufbauen und ins Blut abgeben. Durch den Zucker wird unseren Zellen die zum Leben benötigte Energie zugeführt. Viele Zellen, z.B. in der Leber, im Fettgewebe und in den Muskeln, benötigen zur Zuckeraufnahme Insulin. Das Insulin ist für sie bildlich gesprochen der Schlüssel, der sie für die Zuckeraufnahme öffnet. Bei Insulinmangel leiden diese Zellen Not, denn es fehlt ihnen der Brennstoff und Grundbaustein für ihre Stoffwechselleistungen. Gleichzeitig steigt der Zuckergehalt im Blut an. Bei einem Anstieg des Zuckergehalts im Blut setzt die Bauchspeicheldrüse normalerweise sofort auch Insulin frei, um den Zucker rasch in die Zellen einzuschleusen. Dadurch hält der gesunde Organismus den Zuckergehalt stets in engen Bereichen normal, d.h. zwischen etwa 80 und 130 mg/dl. Auch solange wir nichts aufnehmen, ist Insulin steuernd im Blut enthalten. Es verhindert, dass nicht zu viel Zucker aus den Kohlenhydratreserven in der Leber entnommen oder neu aufgebaut wird. Denn der Körper kann auch in Zeiten ohne Kohlenhydrataufnahme (Fasten) den Blutzuckerspiegel konstant halten.
Für beide wichtigen Funktionen steht bei einem Diabetes nicht genügend Insulin zur Verfügung.
Insulinresistenz: Mangelhafte oder fehlende Insulinwirkung und ihre Folgen
Insulin ist ein „aufbauendes“, unseren Energiehaushalt und damit auch viele weitere Stoffwechselprozesse steuerndes Hormon. Es senkt den Blutzucker, indem es Körperzellen zur Aufnahme des Zuckers öffnet. Fehlt es oder wirkt es nicht in ausreichendem Maß, so steigt der Zuckerspiegel im Blut und Körper an. Damit müssen nicht sofort Beschwerden auftreten.
Die so genannten Folgeschäden können durch eine gute Stoffwechseleinstellung mit normalen Blutzuckerwerten und die Behandlung der Begleiterkrankungen vermieden werden. Deshalb ist eine gute Diabetesbehandlung so wichtig. Die Insulinwirkung kann durch Gewichtsabnahme und regelmäßige körperliche Bewegung verbessert werden. Insbesondere in der Frühphase eines Typ-2-Diabetes ist es deshalb besonders sinnvoll, sich um eine Gewichtsabnahme zu bemühen und sich regelmäßig Bewegung zu verschaffen.
Gesunde Ernährung, Gewichtsabnahme und regelmäßige Bewegung wirken sich auch auf eine Fettstoffwechselstörung und einen erhöhten Blutdruck positiv aus. Diese Maßnahmen stehen daher im Zentrum der Behandlung des Diabetes (besonders des Typ 2) und seiner Folge- und Begleiterkrankungen. Sie können die große Gefährdung durch Herz-Kreislauferkrankungen nachhaltig verringern.
Diabetes Typ 1
Nur eine kleine Zahl der vielen Menschen mit Diabetes hat einen Typ-1-Diabetes. Diese Form kann prinzipiell in allen Altersstufen erstmalig auftreten, am häufigsten im jüngeren Lebensalter. Zugrunde liegt ihm in der Regel eine fehlgesteuerte Immunreaktion des Körpers. Aus nach wie vor meist unbekannten Gründen bringt diese die Insulinproduktion in den Langerhans´schen Inseln der Bauchspeicheldrüse allmählich völlig zum Erliegen. Die Folge ist ein kompletter Insulinmangel. Ohne Insulin ist jedoch Leben nicht möglich. Daher muss bei den Betroffenen das normalerweise bedarfsgesteuert freigesetzte Insulin durch die Zufuhr von außen ersetzt werden. Da der Zuckerspiegel im Körper durch viele Einflüsse unvermeidlich schwankt, erfordert dies eine aufwendige und intelligente Behandlung, um diesen und die damit verbundenen Stoffwechselprozesse normal zu halten. Der Typ-1-Diabetes wird nur gering vererbt.
Diabetes Typ 2
Die größte Zahl der Menschen mit Diabetes leidet an einem Typ-2-Diabetes. Er betrifft vor allem ältere Menschen. Bei ihnen wirkt das von der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin nicht richtig, auch wird es nicht dem Bedarf entsprechend freigesetzt. Es bestehen somit sowohl eine Wirkstörung des Insulins als auch ein gewisser Insulinmangel. Vereinfacht gesagt sind die Schlüssellöcher verändert, so dass die Schlüssel schlecht passen. Um eine bestimmte Menge Traubenzucker in die Muskelzellen einzuschleusen, wird daher eventuell deutlich mehr Insulin gebraucht. Man nennt das „Insulinresistenz“. Die Insulinresistenz geht häufig dem Diabetes voraus und ist umso ausgeprägter, je übergewichtiger der Betreffende ist und je weniger er sich im Alltag bewegt. Die damit verbundenen komplizierten Störungen auch anderer Körperfunktionen führen dann zu begleitenden Problemen. Dazu gehören eventuell eine weitere Gewichtszunahme, eine Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck und Folgeschäden. Erst dann, wenn der Körper die „Insulinresistenz“ nicht mehr ausgleichen kann, entsteht ein Typ-2-Diabetes. Diese Form des Diabetes wird eher stark vererbt. Sie kann vielfach und eventuell lange Zeit allein mit Bewegung, einer geeigneten Ernährung oder zusätzlich mit Tabletten behandelt werden. Viele Menschen mit Typ-2-Diabetes benötigen allerdings eines Tages auch Tabletten oder Insulin. Dabei bleibt aber in der Regel ihr Stoffwechsel verhältnismäßig stabil. Inzwischen unterscheidet man dabei entsprechend der unterschiedlichen Störungen (Insulinproduktion, Insulinresistenz) unterschiedliche Formen des Diabetes im Alter.
Weitere Diabetesformen
Eine Reihe von Diabetesformen können anderen, genau bestimmbaren Krankheiten zugeordnet werden. Diese dritte Gruppe („Typ-3-Diabetes“) umfasst Diabetes bei genetischen (vererbungsbedingten) Störungen der Funktion der Pankreas-Inseln (so genannter MODY-Diabetes), anderen hormonellen Störungen (z.B. der Hirnanhangsdrüse - Hypophyse, der Nebennieren oder Schilddrüse), durch bestimmte Medikamente verursachte Diabetesformen (z.B. durch Cortison), Diabetes bei weiteren Stoffwechselstörungen (z.B. des Eisenstoffwechsels), bei Störungen der Chromosomen (z.B. Down-Syndrom), aber auch insbesondere bei Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse. Gerade die letzteren Diabetesformen können dem Typ-1-Diabetes stark ähneln und insbesondere durch eine sehr instabile Stoffwechsellage gekennzeichnet sein. Die Behandlung ist jeweils sehr unterschiedlich. Ein Diabetes durch Ausfall der Bauchspeicheldrüse (so genannter pankreopriver Diabetes) erfordert eine Insulinbehandlung wie ein Typ-1-Diabetes und weitere Behandlungsmaßnahmen.
=> Weitere Informationen zu Typ-3-Diabetes
Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)
Im Laufe der Schwangerschaft kommt es durch die erheblichen hormonellen Umstellungen zu Störungen der Insulinwirkung. Diese können einen Diabetes auslösen. Da dies dann, wenn der Zuckerstoffwechsel nicht ganz konsequent normal gehalten wird, erhebliche Auswirkungen auf Mutter und Kind vor, bei und nach der Entbindung haben kann, besitzt diese Diabetesform große Bedeutung und kann nicht ernst genug genommen werden. Meist ist eine Behandlung durch Ernährung und – sofern möglich – mehr Bewegung ausreichend. Glücklicherweise ist dieser Diabetes in der Regel auf die Dauer der Schwangerschaft begrenzt. Mütter mit Schwangerschaftsdiabetes haben allerdings ein deutlich erhöhtes späteres Diabetesrisiko, können dieses Risiko jedoch auch durch eine Änderung der Lebensführung, gesunde Ernährung und Bewegung vermindern.
Beschwerden durch Diabetes
An viele leichte Beschwerden kann man sich leider auch so sehr gewöhnen, dass sie gar nicht ins Bewusstsein dringen, wie Juckreiz oder Hautinfektionen, speziell Hautpilz in den Falten und an den äußeren Geschlechtsorganen. Aber auch eine allgemeine Schlappheit kann sich bei Diabetes so schleichend bemerkbar machen, dass ihr Ausmaß womöglich erst dann bewusst wird, wenn sie unter einer Stoffwechselverbesserung (z.B. mit Insulin) wieder verschwindet. Besonders beachtet werden sollten auch Störungen in der Mundhöhle, an den Zähnen oder dem Zahnfleisch.
Zu den akuten Beschwerden im Zusammenhang mit einer schlechten Stoffwechselkontrolle gehören Müdigkeit, häufiges Wasserlassen, Durst, Gewichtsabnahme und Sehstörungen.
Gefährlich wird es, wenn zusätzlich Erbrechen, Bauchschmerzen, vertiefte Atmung, Azetongeruch der Atemluft (Geruch wie nach Nagellackentferner oder reifem Obst) und eine Bewusstseinstrübung auftreten. Dann muss sofort energisch gehandelt werden, denn es besteht eine so genannte Ketoazidose und es droht ein Koma, eine lebensbedrohliche Komplikation des Diabetes.
Auch ohne Beschwerden können langfristig, d.h. in Jahren, die Blutgefäße, Organe und besonders die Nervenzellen geschädigt werden. Gleichzeitig können andere Krankheiten auftreten, wie Bluthochdruck oder eine Fettstoffwechselstörung. Menschen mit Diabetes Typ 2 und diesen Begleiterkrankungen sterben leider häufig an Herz-Kreislauferkrankungen.
Manche Diabetes-betroffene schämen sich wegen der Diagnose und haben Schuldgefühle. Viele sind verunsichert wegen der Auswirkungen auf ihr Familienleben, Freundschaft, Beruf und ihr Umfeld. Diese Belastungen und negativen Gedanken machen traurig und depressiv.
Auch im Verlauf einer Diabeteserkrankung können schwierige Phasen auftreten, zum Beispiel dann, wenn die Therapie angepasst, eventuell auf eine Insulintherapie umgestellt werden muss, oder dann, wenn eine Verschlechterung des Befindens eintritt oder Folgeschäden entstanden sind. Auch die Auswirkungen der Krankheit und Therapie im alltäglichen Leben kann Entmutigung auslösen und aus Frustration zum Verlust an Motivation führen, die notwendigen Veränderungen im Alltag zu akzeptieren.
In einer solchen Situation ist es wichtig, Menschen neben sich zu haben, welche unterstützen und ermutigen.
Bei derartigen Schwierigkeiten ist es wichtig, dass Sie mit Hilfe der nötigen Information die Beherrschung Ihres Diabetes selbst in die Hand nehmen und in Zusammenarbeit mit kompetenten Fachleuten ein gutes Diabetesmanagement beginnen und durchführen. Mit den heute weit fortgeschrittenen Behandlungsmöglichkeiten können Sie den zu Recht gefürchteten Folge-Erkrankungen des Diabetes wirksam vorbeugen. Dazu ist Ihr Selbstmanagement ein entscheidender und effektiver Faktor.
Die erforderlichen Informationen erhalten Sie durch eine strukturierte Schulung. Diese gehört an den Anfang eines Lebens mit Diabetes, sollte aber stets da erneut stattfinden, wo Notwendigkeiten auftauchen, etwas zu verändern, beispielsweise in der Therapie, bei besonderen Lebensumständen (z.B. geplante oder eingetretene Schwangerschaft), Unterzuckerwahrnehmungsstörung, Motivationsverlust.
Die Begegnung und der Austausch mit anderen Betroffenen können trösten, ermutigen, unterstützen und helfen, eigene Wege zum Leben mit Diabetes zu finden.
Die Herausforderungen im Alltag durch die Krankheit können mit dem Wissen und den Erfahrungen anderer Betroffener häufig leichter gemeistert werden. Neben praktischen Tipps und Tricks bieten Begegnungen mit anderen Betroffenen auch Verständnis und seelische Unterstützung, wenn diese nötig sein sollte.
Finden Sie eine Selbsthilfegruppe in Ihrer Nähe.
Wir als Selbsthilfe können an Ihrer Seite stehen und Ihnen helfen den Diabetes so schnell wie möglich zu akzeptieren, Gewohnheiten anzupassen und dadurch irreversible Folgeerkrankungen zu verhindern, ganz im Sinne einer besseren Lebensqualität.
Gerne können wir und unsere Fachleute Ihnen darüber hinaus viele Fragen beantworten. Dazu gibt es unser Expertenmail. Denn wir wollen Sie dabei unterstützen, Ihren Diabetes selbst zu handhaben.
SelbsthilfegruppenBei Depressionen ist es häufig nötig, zusätzlich die Hilfe eines Psychologen oder Psychotherapeuten in Anspruch zu nehmen. Kontaktieren Sie uns und wir vermitteln kompetente Hilfe.
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