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Kinder mit Diabetes – Neumanifestation

Mentalcoach Nathalie Gutbrod berichtet in ihrem Artikel, wie Kinder und Eltern mit ihrer neuen Erkrankung umgehen lernen und was dieser Einschnitt in das normale Familienleben seelisch bewirkt. Sie erzählt, wann Kinder begreifen, dass das für immer ist und wie man ihnen gemeinsam als Familie helfen kann.

Fabienne mit Sohn Samuel

Wenn Kinder die Diagnose Diabetes erhalten, ist es ein Schock für die ganze Familie. 

Häufig ist es so, dass die Krankheit Diabetes noch nie ein Thema in der Familie gewesen ist und sich keiner der betroffenen Personen darüber je Gedanken gemacht hat, was Diabetes ist bzw. wie man damit leben kann. 

Meine Erfahrung der letzten Jahre, als Mentalcoach für Diabetiker, hat gezeigt, dass vor allem die Eltern des betroffenen Kindes nach der Diagnose komplett überfordert und fassungslos sind.  

Es kommen Fragen auf, wie z.B. warum hat es unser Kind getroffen? Was haben wir als Eltern falsch gemacht? Haben wir etwas falsch gemacht? Wie geht es jetzt weiter? Wie sollen wir den Diabetes managen bzw. in unseren Alltag integrieren? Wie geht es jetzt für das betroffene Kind weiter? In der Schule, zuhause, in der Freizeit? Wie werden die Freunde, Bekannte reagieren?  

Das betroffene Kind wirkt zu Beginn der Diagnose oft noch sehr gefasst, das liegt vor allem daran, dass Kinder ein „für immer“ nicht richtig fassen und einordnen können. Die meisten Kinder leben von jetzt auf nachher, von heute auf morgen und machen sich über ein „für immer“ keine wirklichen Gedanken 

Den Diabetes anzunehmen ist das Wichtigste.“ 

Die meisten meiner kleinen Klienten (die Kinder) kommen zu mir in die Behandlung ca. 3-4 Monate nach der Diagnose. Dann, wenn die Kinder realisiert haben, was ein „für immer“ bedeutet. Zu einer Zeit, wenn Sie die ersten Heulkrämpfe, schlaflosen Nächte, Wutausbrüche, die mentalen und körperlichen Auswirkungen der Unter- und Überzuckerungen erlebt haben und verstehen, dass dieser blöde Diabetes DA ist und DA bleiben wird.  

Die Kinder kommen dann zu mir in die Behandlung, wenn die Eltern spüren, dass Sie an Ihren eigenen Grenzen sind und Ihren Kindern nicht mehr weiterhelfen können, den Kindern keine Kraft mehr schenken können, weil Sie als Eltern selbst kraftlos sind.  

Die Kinder selbst sind auch oft sehr verzweifelt, Sie fühlen sich überfordert und haben starke Schuldgefühle Ihren Eltern und Geschwistern gegenüber, oft auch gegenüber den Freunden und Lehrern. Ich höre von den Kindern immer wieder Sätze wie z.B.: „Ich bin eine Last für meine Eltern, sie müssen nachts wegen mir ausstehen.“ oder „Es macht mir keinen Spaß mehr mit meinen Freunden zu spielen, da ich immer auf meinen Zucker achten muss“ oder „Wenn ich eine Unter- oder Überzuckerung hinter mir habe, bin ich so müde und muss erstmal schlafen, dann kann ich meine Hausaufgaben nicht machen oder mit meinen Geschwistern bzw. Freunden spielen“.  

Ich bin über jedes Kind, das zu mir in die Behandlung kommt DANKBAR. Warum? Weil ich weiß, jetzt beginnt ein neuer Weg. Ein guter Weg, ein heilsamer Weg, ein keineswegs dauerhaft einfacher Weg und dennoch ein Weg, der das Leben des Kindes und das Leben der Familie verändern wird. Durch Annahme! Annahme des Diabetes. Annahme dieser Krankheit, Annahme dieses Schicksals. 

Den Diabetes anzunehmen ist das Wichtigste. Viele Menschen leben ein Leben lang mit Diabetes und gestatten diesem DA ZU SEIN. Sie akzeptieren den Diabetes aber nicht. Sie nehmen den Diabetes nicht an. Sie gestatten diesem NUR DA zu sein. Das kostet unfassbar viel Kraft, denn man kämpft innerlich quasi jeden Tag gegen etwas, das ohnehin da ist.  

Den Diabetes zu akzeptieren ist der erste und wichtigste Schritt, auf dem ich meine Klienten begleite. Dieser Schritt ist nicht leicht, aber durchaus realisierbar. 

Nach der Akzeptanz wartet das Licht am Ende des Tunnels. Akzeptanz schenkt Energie und bringt die Lebensfreude wieder zurück. Es ist wunderbar, wenn ich die Kinder wieder lachen sehe, erlebe wie Sie sich mental wesentlich besser fühlen und die Schuldgefühle, gegenüber sich selbst und anderen, „gehen lassen“.  

Einer meiner Klienten, Elias 9 Jahre alt, erzählte mir in seiner letzten Sitzung, dass er den Diabetes jetzt angenommen hat und der Diabetes wie ein Legostein in seinem Leben ist. Ein Legostein der dazugehört wie die anderen Legosteine auch. Die anderen Legosteine stehen für seine Eltern. Seine Schwester, seine Freunde, die Schule, das Fußball.  

Wie schön. Wirklich herzerwärmend. 

Mein Ziel ist es, die Kinder und Erwachsenen mit Diabetes, sowie deren Familien und Angehörigen dahingehend zu unterstützen und zu begleiten, dass Sie aus vollstem und tiefstem Herzen sagen können:  

Der Diabetes ist da, er bleibt da und ich nehme diesen an. Der Diabetes ist Teil meines Lebens. Vielleicht gibt es Tage, an denen ich den Diabetes verfluche und am liebsten ignorieren möchte, aber dennoch ist er DA und ich heißediesen in meinem Leben willkommen!“  

Aus diesem Mindset heraus ein Leben als Diabetiker oder Typ F’ler zu leben macht nicht nur wesentlich mehr Spaß, als ein Leben lang innerlich NEIN zu dem Diabetes zu sagen. Nein, es schenkt auch wesentlich mehr Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Kraft für „schlechte Tage“! 

Ich bin selbst seit vielen Jahren Typ I Diabetikerin und ich weiß, wovon ich spreche. 

Als ausgebildeter Erwachsenencoach, Kinder- und Jugendcoach und Ernährungsberaterin arbeite ich mit Diabetikern und Typ F’lern jeden Alters. 

Vielleicht haben Sie Lust an einem meiner Online-Veranstaltungen teilzunehmen, die nächsten beiden finden am 20.04.und am 04.05. statt, jeweils um 19:00 Uhr. Die Anmeldedaten erhalten Sie über den DBW Diabetiker Baden-Württemberg e.V., info[at]diabetiker-bw.de oder Tel: 0721 68 07 864-0. Für Sie als DBW-Mitglied ist die Teilnahme kostenlos. 

Nichtmitglieder können sich direkt melden unter E-Mail: info@diaandi.de 

 

Anbei noch ein Erfahrungsbericht von Fabienne (Mutter von Samuel): 

Unser Sohn Samuel erkrankte im Jahr 2020 kurz vor den Herbstferien an Diabetes Typ 1. 
Nach zehn Tagen Schulung wurden wir ins Leben ohne Krankenschwestern entlassen. Zunächst 
waren wir alle froh, dass es nichts wirklich Schlimmes war. Wir hatten uns schon alles Mögliche ausgemalt, was es sein könnte. Zunächst dachten wir, dass wir das schon in 
den Griff bekommen und man das irgendwann "gemanaged" bekommt. Samuel fand die ganzen 
neuen Gadgets großartig und die viele Aufmerksamkeit, die er bekam. 
Nach Weihnachten sickerte dann so langsam durch, dass das für immer ist und dass das 
nun unser Alltag ist. Die ersten psychischen Zusammenbrüche folgten mit den Worten 
"Ich fühle mich wie in einem Gefängnis, das ich nie mehr verlassen kann!" - Und ich als 
Mutter musste sagen "Ja, so ist es. Alles was wir tun können, ist das Gefängnis schön 
anzumalen." Nach dem dritten Heulkrampf meines Sohnes war klar, dass wir als Eltern das 
nicht meistern konnten. Waren wir doch selbst völlig überfordert und ebenfalls sehr, sehr 
wütend, wie unser Leben plötzlich sich geändert hatte und wir 24/7 Krankenschwestern oder 
Pfleger wurden. 
Zum Glück wurde uns Nathalie empfohlen. Erst dachte ich ja, das schaffen wir selbst. Aber wie 
gesagt: die Erkenntnis folgte, dass dem nicht so ist. Nathalie kam sofort, gleich am Samstag. 
Sie fing uns alle auf. Brachte Ruhe, Vertrauen und Zuversicht zurück in unser und vor allem 
in Samuels Leben. Von Sitzung zu Sitzung war zu merken, dass Samuel nicht mehr verzweifelt 
versuchte sein "altes" Leben zurückzuhaben, sondern akzeptierte, dass es jetzt eben so ist, wie es 
ist. Klar, wenn er wählen könnte, dann natürlich lieber ohne. Aber es ist jetzt eben so. 
 
Ohne Nathalie hätte ich meinen Sohn nicht so schnell wieder lachen und Blödsinn machen sehen. 
Und als es Samuel wieder besser ging, ging es seiner Schwester und uns wieder besser! 
Dafür werden wir ihr für immer dankbar sein. 
 
Fabienne 

 

Ihre Nathalie Gutbrod  

 

Mehr zu Nathalie unter diaandi.de