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Schwangerschaft mit Diabetes Typ 1?

„Sie werden keine gesunden Kinder bekommen“ waren die Worte meines neuen Diabetologen.

Valentina

Valentina ist schwanger (Bild: Valentina Lukic)

Bei meinem ersten Termin in der neuen Praxis wurde ich unter anderem zu meinem allgemeinen Wohlbefinden mit der Krankheit und Behandlungswünschen gefragt. Mein Mann und ich hatten wenige Wochen zuvor unsere riesige Traumhochzeit gefeiert und wollten natürlich, irgendwann, Kinder. Da ich wusste, dass man mit Diabetes nicht einfach mal „loslegen“ kann bzw. sollte, wollte ich das Thema gleich mal ansprechen. Der Kinderwunsch war zu dieser Zeit aber noch nicht so stark. Der Arzt teilte mir mit, dass ich in meinem jetzigen Zustand keine gesunden Kinder kriegen würde, da die vielen Achterbahnfahrten und der grundsätzlich viel zu hohe Blutzucker schädlich für das ungeborene Kind sein könnten. Außerdem wäre ich mit meiner aktuellen Einstellung und dem Umgang mit dem Diabetes völlig überfordert, die Zielwerte für Schwangere einzuhalten.

Er teilte mir außerdem mit, dass ich vor 2024 nicht mit einer Schwangerschaft rechnen sollte, da es einfach eine lange Zeit dauern würde, meine Werte und meinen Körper darauf vorzubereiten. Das waren damals also mindestens noch 14 Monate. Im ersten Moment waren diese Aussagen ziemlich hart. Ich wusste zwar, dass meine Einstellung nicht wie im Bilderbuch ist, aber ich hatte keine Vorstellung davon, dass ich so weit von einer notwendigen entfernt war, dass eine Schwangerschaft unbedenklich wäre. Für mich an erster Stelle stand natürlich, dass ich die besten Voraussetzungen für das ungeborene Kind schaffen wollte, und daher so lange an meinem Zucker werkeln würde, bis sie eben erreicht waren.

Wir einigten uns auf einen Termin ca. 4 Wochen nach unseren Flitterwochen - die ich so noch „in Ruhe“ genießen konnte - und darauf, dass ich von nun an alle Mahlzeiten abschätzen und dann aber wiegen sollte, um meine Schätzung gegenzurechnen. Auf diese Weise fielen mir selbst in wenigen Tagen gleich mehrere Schwachpunkte auf. Ich schätzte nach über 20 Jahren Diabetes Typ 1 nicht mehr so gut wie noch vor einigen Jahren. Außerdem waren mein Bolusfaktor viel zu niedrig, die Basalrate dafür aber deutlich zu hoch. Im Nachhinein ist mir auch klar, dass ich auch jederzeit selbst einen Basaltest hätte machen oder auch auf eigene Faust meinen Bolusfaktor hätte checken können. Aber irgendwie waren diese Punkte nach so vielen Jahren mit der Erkrankung und einer festgefahrenen Vorgehensweise in Sachen Diabetes nicht mehr so präsent.

Ich merkte, dass ich mich schon so lange nicht mehr mit meinem Diabetes beschäftigt hatte und dass ich von grundlegenden Dingen keine Ahnung mehr hatte. Rechne ich eigentlich mit 12 Gramm oder mit 10 Gramm Kohlenhydraten pro Einheit? Wie lange sollte das Insulin maximal in der Pumpe bleiben, bevor ich es wechsle? Und was ist eigentlich ein verzögerter Bolus? Ich habe festgestellt, dass ich keine Ahnung mehr hatte, wie ich selbst zu meinem Wohlbefinden beitragen könnte und begann daher, mich zu informieren. Leider ist der geeignete Lesestoff tatsächlich sehr begrenzt, und gerade zum Thema Schwangerschaft und Typ 1 Diabetes findet man neben fachlichen Beiträgen und Artikeln von medizinischem Personal eher wenig zu lesen. Dafür gibt es aber eine Handvoll Podcasts, die sich sehr ausführlich mit dem Thema Diabetes beschäftigen und sehr viel aus dem Alltag von Menschen mit Typ 1 Diabetes ansprechen, und das mit Interviews und Erfahrungsberichten unterstreichen.

Nach dieser erkenntnisreichen Zeit ging ich, gewappnet mit Tagebuch und Blutzuckermessgerät, nach 4 Wochen wieder zum Arzt. Wir fingen an, meine Einstellung anzupassen und einen kleinen Erfolg konnte ich bereits nach dem zweiten Termin feiern, denn mein Langzeitzucker war deutlich gesunken. Und während ich fleißig meinen Zucker protokollierte und einstellte, hörte ich auf zu rauchen und erkundigte mich, auf Empfehlung meiner Gynäkologin, welche Impfungen auf aktuellen Stand gebracht werden sollten. Während der Pandemie war ja nur ein Impfstoff interessant gewesen, so dass keinem aufgefallen war, dass beispielsweise Tetanus längst überfällig war, und auch andere wichtige Impfungen möglichst nachgeholt werden sollten. Diese holte ich nach und nach auf und begann fast ein halbes Jahr vor der Schwangerschaft mit der Einnahme von Folsäure.

Meine Zuckerwerte wurden immer besser und eines fröhlichen Mittwochabends kam ich spontan auf die Idee, ich könnte die Pille ja absetzen. Morgen zum Beispiel, denn da müsste ich einen neuen Zyklus beginnen. Und mit dieser kleinen, aber feinen Tat begann die Einstellung meines Blutzuckers von vorne. Wie sich das Absetzen der Pille auf meine Blutzuckereinstellung auswirkte, habe ich auf meinem Blog www.styleinmysuitcase.com ausführlich thematisiert.

Von da an brauchte es etwa 3 Monate, bis meine Blutzuckerwerte wieder stabil waren, denn der natürliche Zyklus mit all seinen Hormonen und Veränderungen wirkte sich doch stärker auf die Werte aus als ich gedacht hatte. Aber ich hatte inzwischen einen Weg gefunden, die Knotenpunkte ausfindig zu machen und ich traute mir auch zu, gewisse Änderungen selbst durchzuführen. Für alle weiteren Tipps und Vorschläge hatte ich ein wirklich großartiges Praxisteam im Rücken, das mir mit Rat und Tat zur Seite stand, wenn ich mal nicht wusste, was ich jetzt noch machen kann.

Und dann kam der Tag der Tage: mein Diabetologe teilte mir mit, dass aus seiner Sicht nichts mehr dagegen spricht, schwanger zu werden.

Im nächsten Teil werde ich über die ersten beiden Trimester berichten. In der Zwischenzeit dürft ihr meine Journey gerne auf Instagram verfolgen: style.inmysuitcase

Liebe Grüße, Valentina