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Meine Erlebnisse und Erfahrungen mit Diabetes mellitus Typ 1

Seit 1953 hat Bernhard Mattes Typ-1-Diabetes – und teilt hier seinen Weg mit Diabetes mit uns.

Ich heiße Bernhard Mattes und kam am 22.04.1942 in Stuttgart zur Welt, mitten im Zweiten Weltkrieg. Aufgewachsen bin ich in der – damals noch sehr ländlichen – Stadt Großsachsenheim, ca. 30 km nördlich von Stuttgart. In meiner Jugend hatte ich ziemlich oft Bronchitis, war aber sonst gesund. Eine renommierte Heilpraktikerin hatte sich damals schon gefragt, ob ich „etwas im Blut“ hätte. Dieses Thema wurde aber nicht weiter verfolgt.

Dann kam das Jahr 1953. In ihm sind einige entscheidende Ereignisse passiert:

  • das Großsachsenheimer Freibad wurde gebaut und
  • ich bestand die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium, damals Oberschule genannt,
  • ich bekam Diabetes!
     

Der Freibad-Bau war für uns etwas Besonderes, weil man als Jugendlicher durch 48 Stunden Mitarbeit bis 1959 freien Eintritt in das „Großsachsenheimer Schloßfreibad“ bekam. Wir mussten z. B. kleine Gräben für irgendwelche Leitungen ausheben und andere Arbeiten körperlicher Art verrichten. Die 48 Stunden „bekam ich gerade noch herum“, aber das Ganze hatte mich schon sehr mitgenommen, vor allem hatte ich viel Durst.

Der Durst nahm mit der Zeit zu, der Nachttopf mit ca. 3,5 Liter Inhalt war oft voll und ich wurde allmählich körperlich schwächer und schwächer. Mein Hausarzt war leider gerade in Urlaub, seine Vertretung, eine sehr junge Ärztin, meinte, ich hätte Hirnhaut-Entzündung oder Kinderlähmung. Mein Diabetes wurde nicht erkannt! Ich hatte dann „nur noch Durst“, trank aus Unwissenheit auch 0,7 Liter sü.en Sprudel flaschenweise, was ja total kontraindiziert war und den „ganzen Schlamassel“ verschlimmerte. Schließlich kam ich bewusstlos in eine Klinik nach Rommelshausen bei Stuttgart. Da ich sehr abgemagert und nur noch „Haut und Knochen“ war, konnte nur mit einer Rückenmarks-Punktion ein „Blutzuckertest“ gemacht werden und siehe da, der Zuckerwert in der Rückenmarksflüssigkeit betrug 1250 mg/dl (69,4 mmol/l)! Nun war klar, was ich hatte, nämlich „juvenilen Diabetes“, wie man damals sagte, und ich konnte zielgerichtet behandelt werden. Ein Wunder war geschehen! Die Bronchitis war von da an weg, wenigstens ein Gutes!

Zum großen Glück brach der Diabetes bei mir erst 1953, also ca. 8 Jahre nach 1945 aus, sonst wäre es mir ergangen wie einer nahen Verwandten. Ein angeblich sehr hübsches junges Mädchen musste im Alter von 14 Jahren an Diabetes sterben, weil die deutschen Ärzte kein Insulin hatten und die amerikanischen Besatzer keines herausrückten, obwohl die helfende Wirkung von Insulin schon seit 23 Jahren bekannt war. Das war eines der vielen Kriegsverbrechen!

In der Kinderklinik Stuttgart wurde ich auf 12 E Depot Hoechst und freie Kost eingestellt. Bald ging es mir wieder sehr gut! Meine Beta-Zellen produzierten damals auch noch körpereigenes Insulin, deshalb reichten mir 12 E. Zu der Zeit gab es meines Wissens nur Alt- und Depot-Rinderinsulin. In der Kinderklinik wurde dann meiner Mutter und mir das Insulinspritzen durch Übung mit physiologischer Kochsalzlösung beigebracht. Wieder zu Hause, ich war 11, spritzte mich meistens mein Vater. Es gab noch lange keine Einmalspritzen, sondern etwas „grobschlächtige“ Gebilde mit Glaszylinder und Metallkolben und meistens 14er-Nadeln. Das Injektions-Besteck musste „sterilisiert“ werden. Ein Sterilisier-Gerät gab es zu Hause nicht. Also kochte man die Injektionsteile alle paar Tage in destilliertem Wasser aus.

In der kommenden Ausgabe erfahren Sie, wie es mir weiter erging.

Historische Diabetes-Utensilien: Blutzucker-Messgerät und Spritz-Besteck.